Gemeinsam für Tierwohl

„Gemeinsam für Tierwohl im Pferdesport“ – mit dieser Fortbildung für Tierärzte und Turnierfachleute stand ein äußerst aktuelles und kontrovers diskutiertes Thema im Fokus. Unter den Schlagworten „Kompetenz“ und „Verantwortung“ tauschten sich am 4. April rund 50 praktische Tierärzte, Amtsveterinäre und Turnierfachleute im Favorite Parkhotel in Mainz zu verschiedenen Tierwohl-Aspekten aus – eingeladen hatten die Landestierärztekammer (LTK) und die Landeskommission für Pferdeleistungsprüfungen (LK) im Pferdesportverband Rheinland-Pfalz.

„Das Thema ‚Pferdesport unter Tierwohlaspekten‘ ist für uns alle von zentraler Bedeutung“, unterstrich die LK-Vorsitzende Carlotta Steinbach in ihrer Begrüßung. „Wir sind bereit, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen. Das Wohl der Pferde muss immer an erster Stelle stehen, unabhängig vom Wettkampfdruck oder sportlichen Ambitionen.“ Den Tierärzten und den Turnierfachleuten komme dabei eine Schlüsselrolle zu, sagte Carlotta Steinbach: „Denn wir sind es, die vor Ort auf die Einhaltung der Regelwerke achten, Missstände erkennen und gemeinsam Lösungen entwickeln.“ Dr. Rainer Schneichel, Präsident der Landestierärztekammer, betonte ebenfalls: „Nur ein gemeinsames Verständnis und ein Schulterschluss bringen uns hier weiter.“

Besser als ihr Ruf

Moderiert wurde die Fortbildung von Dr. Kai Kreling, der durch sein Engagement in der Bundestierärztekammer sowie als Turniertierarzt zahlreiche Berührungspunkte mit der Thematik hat. Auch er fand eindringliche Worte: „Derzeit ist das Image des Pferdesports nicht so, dass wir uns darauf ausruhen können.“ Zwischen den verschiedenen Themen fand Dr. Kai Kreling gelungene Überleitungen und sorgte für den Überblick und passende Einordnungen.

Den Auftakt in den Nachmittag machte Dr. Caroline Taddey von der Pferdeklinik Equitales, die den aktuellen Standard bezüglich der Aufgaben eines Turniertierarztes vorstellte. Mit Dr. Karin Schäffler referierte im Anschluss eine Amtsveterinärin zum Ablauf von Verwaltungsverfahren bei Tierschutzverstößen. Ihre Ausführungen unterschieden klar zwischen den Regelungen der Landeskommission im Privatrecht und denen der Veterinärverwaltung als Bestandteil des öffentlichen Rechts: „Die Regelungen des Veterinäramts sind Mindestanforderungen an den Tierschutz“, betonte sie, „und die Regelwerke der FN und der LK gehen weit über diese Anforderungen hinaus.“ Die Pferdesportveranstaltungen seien unter Tierwohl-Aspekten besser als ihr Ruf, konstatierte Dr. Karin Schäffler: „Das Pferd ist ein gleichwertiger Partner im Sport.“

Kritische Erörterungen

In ihrem Vortrag „Analyse des Ausdrucksverhaltens bei Pferden auf dem Vorbereitungsplatz und im Wettkampf – Pferdeverhalten richtig deuten“ fand Dr. Kathrin Kienapfel kritische Worte. Als Mitglied der Forschungsgruppe Equiden am Institut Agroscope in der Schweiz beschäftigt sich die Biologin mit der Studienlage rund um Pferdeverhalten. Mit verschiedenen Foto- und Videosequenzen von Turnierplätzen sensibilisierte sie die Teilnehmer für sichtbare Anzeichen von Unwohlsein und Schmerz beim Pferd. „Reiten ist Gesunderhaltung und Sport kann anstrengend sein“, das war auch Dr. Kienapfels Grundtenor, dennoch: „Es darf nicht bagatellisiert werden, wenn ein Pferd permanent mit dem Schweif schlägt.“ Ihre Ausführungen sorgten für Diskussionen und auch kritische Erörterungen und dürften die meisten Teilnehmern wohl noch länger gedanklich beschäftigt haben.

Dr. Enrica Zumnorde-Mertens, als Veterinärin bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) beschäftigt, stellte verschiedene Untersuchungen zum Pferdesport im Hochsommer vor. Dass Training, Transport und Wettkampf auch bei hohen Temperaturen möglich sind, zeigten Studien: „Bei gutem Management waren alle Parameter bezüglich der Gesundheit der Pferde immer in der Norm. Trotzdem kann man das nicht pauschal entscheiden, der Reiter muss den Fokus auf sein Pferd legen und in es hineinzuhören.“ Adressiert an die Tierärzte und Turnierfachleute empfahl Dr. Enrica Zumnorde-Mertens, Organisatoren und Reiter über mögliche Maßnahmen zur Verbesserung des Pferdewohls bei hohen Temperaturen zu informieren und für mögliche Problematiken zu sensibilisieren.

„Diese Zahlen stimmen mich positiv“

Als letzte Referentin informierte Annika Stahl, Geschäftsführerin der LK, über den Umgang mit Tierarztberichten, Nachkontrollen und Sanktionen. „In Rheinland-Pfalz werden noch über 85 Prozent der Turniere durch einen verantwortlichen Tierarzt vor Ort betreut“, stellte sie heraus und ergänzte: „Und als Turnierfachkraft ist man immer froh, wenn man einen Tierarzt als Unterstützung vor Ort hat.“ Die Kontrollen auf dem Turnier sind in Rheinland-Pfalz im Vergleich zu den Starts hoch, dabei gibt es wenig Beanstandungen – das ergeben die Statistiken. 2024 wurden bei der Kontrolle von Pferdepässen unter ein Prozent der Pässe beanstandet, es gab keine positiven Medikationskontrollen und von über 3.000 Pferdekontrollen gab es neun Beanstandungen.

„Diese Zahlen stimmen mich sehr positiv“, sagte Dr. Kai Kreling zum Abschluss der Veranstaltung. „Als Mediatoren müssen wir diese Aspekte nun nach außen tragen, damit wir das Tierwohl im Pferdesport nicht nur sicherstellen, sondern unsere Kompetenz und unsere Verantwortung auch nach außen sichtbar machen.“

Eva Schaab

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