Die Fuhrhalterei Dinger in Großsteinhausen bildet als erste Station in Rheinland-Pfalz Kutschfahrer aus.
Großsteinhausen „Für die Sicherheit“ – das steht ganz im Fokus des Kutschenführerscheins B für gewerbliche Fahrer. Drei Teilnehmer absolvierten bei der Fuhrhalterei Dinger in Großsteinhausen und Urgestein Augustinus Mayer eine umfassende Ausbildung, um künftig auch „Passagiere“ rechtlich sicher mit Pferd und Kutsche zu befördern. Sie sind Pioniere, denn dies war die erste Ausbildung im süddeutschen Raum und bislang ist die Fuhrhalterei Dinger auch als einzige Station in Rheinland-Pfalz dazu berechtigt.
„Turnierfahren ist etwas völlig anderes“, kommentierte Elke Mohr, langjährige Kutschenfahrerin aus Hermersberg. Allein die Art der Anspannung versetzte in eine andere Welt. „Ich habe jetzt gelernt, wie wichtig es ist, dass im Zweispänner beide Pferde gleichmäßig ziehen“, staunte auch Kathrin Ann Dezember aus Trulben. Sie fährt künftig für den neu gegründeten Fahrsportverein Vinnigen bei öffentlichen Auftritten wie Hochzeiten oder Umzügen. Eine ihrer beiden Stuten im Zweispänner schlug permanent mit dem Kopf. Augustinus Mayer stellte fest: die Leitstute fühlte sich völlig überfordert, weil sie allein die Arbeit von zwei Pferden verrichten musste, während sich die rangniedrigere Stute, irritiert und eingeschüchtert durch das Kopfgeschlage, immer weiter zurück zog. „Ein Teufelskreis“, weiß Kathrin Ann Dezember heute. In der Ausbildung lernte sie noch einmal gezielt, das Gleichgewicht zwischen zwei Zugpferden herzustellen, indem sie das aktivere Pferd zurück nahm und das passivere motivierte. Es ist auch ein großer Unterschied, ob jemand allein mit seiner Kutsche eine Steigung hinauf oder einen steilen Berg hinab fährt. „Welches Gewicht kann ich meinen Pferden in welcher Weise zumuten“ und „Wie bremse ich sicher und effektiv?“ sind Erfahrungswerte, die die frisch gebackenen Absolventen im Laufe ihrer Fahrzeit in der Praxis sammeln. „Es ist ähnlich, wie beim Autofahren: Mit dem Führerschein in der Tasche beginnt das Lernen“, weiß Augustinus Mayer. Die Begegnung mit einem großen, donnernden Lkw auf der Straße und einem Blaulicht blinkenden Rettungswagen mit Martinshorn bewies, wie wichtig auch die Auswahl gelassener Pferde ist. „Das könnte ich mit meinen Holländern nicht machen“, erkennt Elke Mohr. Wenn sie den Nikolaus kutschiert oder bei einem Umzug fährt, leiht sie sich ein gemütsruhiges Pony aus.
„Mit dem Führerschein beginnt das Lernen.“ Teilnehmer Augustinus Mayer
Das „Große Einmal-Eins“ rund um die Anspannung und das praktische Fahren, Straßenverkehrsregeln und Tierschutz gehörten zu den vielfältigen Aspekten in der einwöchigen Intensiv-Ausbildung und wurden in der Prüfung abgefragt. Im Vordergrund stand das Thema Sicherheit, weshalb am Freitag die beteiligten Kutschen sowie die historische Viktoria Mylord von Heinrich Mohrbach bei den Gala-Fahrten im Landgestüt sowie der Planwagen, der bei der Zweibrücker Stadtführung eingesetzt wird, einer GTÜ-Prüfung unterzogen wurden. Vor allem Bremsen und Beleuchtung interessieren Volker Knodel von der Gesellschaft für Technische Überwachung GTÜ in Bruchsal. „Das ist bei Kutschen und Planwagen, die gewerblich genutzt werden, ähnlich bei Lkw und Bussen. Sie müssen jährlich überprüft werden“, erklärt der Sachverständige.
Kutschenführerschein B Gewerbe – 1. Prüfung im süddeutschen Raum
Elke Mohr (Hermersberg), Kathrin Ann Dezember (Trulben), Johannes Mayer (Bruchmühlbach).
Cordula von Waldow www.cvwaldow.de